Hier entsteht das FOLIO

Stämpfli Kommunikation
Stämpfli Kommunikation
5 min readDec 8, 2020

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FOLIO, so heisst das Magazin von Berufsbildung Schweiz, Verband der Lehrpersonen in der Berufsbildung. Seit Oktober dieses Jahres wird das FOLIO von Next Generation, der Lernenden-Abteilung der Stämpfli AG, gestaltet. Das kleine «Unternehmen im Unternehmen» mit dem zukunftsgerichteten Ausbildungskonzept gibt es seit knapp eineinhalb Jahren. FOLIO war im Oktober auf Besuch.

Text: Renate Bühler, Bilder: Next Generation

«Am Schulunterricht gefällt mir besonders, dass ich bei vielen Themen meine Meinung einbringen kann und zugleich mehr über die ­Ansichten meiner Mitschüler erfahre.» Finn Eyer, Mediamatiker 3. LJ

An diesem sonnigen Tag sind im Raum ganz hinten im Parterregeschoss der Stämpfli AG in Bern die Storen heruntergelassen. Die Stimmung im Grossraumbüro ist ruhig und konzentriert. Jede der sieben zum Besuchszeitpunkt anwesenden jungen Personen arbeitet für sich, gelegentliche Gespräche sind kurz und sachbezogen. Dass wir uns in einem etwas besonderen Teil der Firma befinden, verraten nur die silbrig glänzenden Buchstabenballons vor der Fensterfront: «NEXT GEN» ist da zu lesen. So improvisiert und günstig — und durchaus jugendlich — dieses Firmenschild auch sein mag: Das kleine Unternehmen ist absolut seriös.

Hier werden Anfragen entgegengenommen, Offerten verfasst, Projekte geplant, Kundenkontakte gepflegt und — dies natürlich vorab — verschiedenste Aufträge selbstständig umgesetzt. Einer der neuesten Kunden von Next Generation, so der volle Name des Miniunternehmens, ist der BCH: Seit August ist das FOLIO voll in ihrer Obhut. Die jungen Polygrafinnen und Polygrafen machen das Layout, besprechen allfällige Fragen mit der Redaktion und setzen verschiedenste Wünsche und Korrekturen um.

An sich ist Next Generation eine Abteilung der Stämpfli AG, rein organisatorisch aber ein eigenes Unternehmen. Da hier neben 7 Polygrafen und Polygrafinnen sowie 5 Mediamatikerinnen und Mediamatikern auch ein Sport-KV-Lernender mitarbeitet, kann Next Generation selbst Offerten erstellen und Abrechnungen machen. Die derzeit 13 jungen Frauen und Männer sind alle im 3. oder 4. Lehrjahr. Der einzige Ausgelernte im Team ist Oliver Glauser, der sich «mehr als Coach denn als Chef» der Lernenden sieht. «Wir arbeiten hier auf Augenhöhe.»

«Wir von der Stämpfli AG engagieren uns schon sehr lange in der Berufsbildung», sagt Glauser. Insgesamt bildet das altehrwürdige Berner Unternehmen derzeit 35 Lernende aus, das sind mehr als 10% der ganzen Belegschaft. Es gab in den vergangenen Jahren zwar schon eine Lehrlingsabteilung mit vier Polygrafen pro Jahr, «doch wir möchten unseren Lernenden mehr mitgeben, als in einer konventionellen Lehrlingsabteilung möglich ist», so Glauser. Insbesondere der wirtschaftliche Aspekt der Arbeit komme in einer Lehre oft zu kurz. «Aber gerade in einem kleineren Betrieb muss ein Polygraf oder eine Mediamatikerin in der Lage sein, selbst eine Offerte zu erstellen. Das heisst: Oft kommt für die neu Ausgebildeten erst nach dem Lehrabschluss das grosse Erwachen.»

«Der Unterrichtsplan ist gut organisiert. Ich wünschte mir aber, dass der Stoff und der Unterricht selbst besser aufbereitet werden.» Guillaume Duffey, Sport-Kaufmann 4. LJ

Vor rund zwei Jahren beschloss man darum, die Lernenden der oberen Lehrjahre in einer eigenen Abteilung so selbstständig wie möglich arbeiten zu lassen. Diese Idee war nicht neu; so betreibt etwa die Post schon länger Lernenden-Filialen (siehe FOLIO 01/20). Man suchte per Ende 2018 einen «Kopf» für das Lernenden-Projekt und fand ihn in Glauser, der dann das Konzept erstellte und die rechtlichen Möglichkeiten dieses Kleinunternehmens auslotete. Klar war: Aus der Next Generation eine unabhängige Firma zu machen, liegt nicht drin, weil sie eben praktisch nur aus Lernenden besteht. Richtig gestartet ist das Projekt dann im August 2019, der erste Jahrgang der Next Generation hat die Firma darum im Sommer bereits verlassen.

Next Generation bietet verschiedenste Dienstleistungen und Produkte an: vom Banner für die Website oder von dem Layout von allerhand Printprodukten über Eventvideos, ganze Websites und Bildbearbeitung bis hin zur Entwicklung des Corporate Designs für kleinere Unternehmen. Und natürlich sind sie für ihren eigenen Auftritt verantwortlich, haben ihre eigene Website samt Präsentationsfilm wie auch ihren Flyer selbst entwickelt. Zudem führen sie ihre eigene Erfolgsrechnung. Dabei können die Lernenden durchaus auf die Kompetenzen im Mutterhaus zurückgreifen: «Der ausbildnerische Charakter ist uns wichtig», betont Glauser. Die Lernenden sind angehalten, sich für ihre Aufträge im Haus Stämpfli die jeweils passende Fachperson zur Begleitung auszusuchen. Für die Kundschaft bleibt diese Person aber unsichtbar: Wer mit Next -Generation zusammenarbeitet, steht allein mit den Lernenden im Kontakt. «Das ist ein ganz wichtiger Aspekt», sagt Oliver Glauser. «So lernen sie beispielsweise ganz direkt den Umgang mit Termindruck und mit Budgetvorgaben.»

«Es motiviert, von der Berufserfahrung einiger Lehrer profitieren zu können.» Dina Frieden, Mediamatikerin 4. LJ

Wie vielfältig die Aufgaben der Next- Generation-Mitarbeitenden sind, zeigt sich bei unserem Besuch: Jeder arbeitet für sich — Anja Sigg etwa bereitet den Jahresbericht für einen externen Kunden auf. Moritz Moser wiederum stellt für die Stämpfli AG einen Fliegerkalender zusammen — eine besondere Ehre, ist der Fotograf der Bilder doch Rudolf Stämpfli, einer der Patrons. Wer gerade keinen Auftrag hat, erhält von Oliver Glauser spezifische Übungen. «Das muss auch sein, denn an der Abschlussprüfung werden standardisierte Aufgaben gestellt mit Problemen, die einem im Alltag eher selten begegnen», erklärt er. So ist beispielsweise Maximilian Scheidegger an diesem Nachmittag damit beschäftigt, auf einem Bild ein spazierendes Paar in eine Wüste einzuarbeiten inklusive Schattenwurf und Fussspuren. Stefan Schär präsentiert der Besucherin die von ihm entworfene FOLIO-Musterseite mit einem zweispaltigen Textkasten: In unserem neuen Layout fehlten nämlich bisher die grösseren Boxen, diese Lücke ist nun auch geschlossen.

Apropos FOLIO: Das Oktober-FOLIO haben Moritz Moser und Maximilian Scheidegger betreut, für das Dezember-Magazin ist Stefan Schär verantwortlich, und voraussichtlich wird -wieder jemand anderes die Februar-Ausgabe machen. Die Idee dahinter: Jede Polygrafin und jeder Polygraf von Next Generation soll künftig einmal eine ganze Ausgabe selbst verantworten.

Nun liegt unser Magazin für Berufsschullehrpersonen also in der Hand von Lernenden — das passt doch! Wir von der Redaktion haben jedenfalls grosse Freude an der Zusammenarbeit mit dem aufgestellten jungen Team. Und wir haben die Lernenden gebeten, je in einem Satz einen «Gruss ins Lehrpersonenzimmer» zu schicken: Was finden sie besonders toll an der Berufsfachschule, wo gibt es allenfalls Luft nach oben? Die Aussagen finden sich in den verschiedenen Quotes in diesem Beitrag.

«Manchmal kommen mir die Berufsschullehr­personen so vor, als wäre ihr Wissen ein wertvoller Schatz, den sie nicht mit anderen teilen wollen.» Maximilian Scheidegger, Polygraf 4. LJ

Wer mehr über Next Generation erfahren und insbesondere die einzelnen Lernenden kennenlernen möchte, findet eine umfassende Präsentation hier: nextgen.staempfli.com

Das FOLIO können Sie abonnieren.

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